Liebe. Ein Gefühl oder eine Geisteshaltung?

Das Wort Liebe wird so oft verwendet, dass es sich abgenutzt hat. Was bedeutet es überhaupt? Wie können wir Liebe definieren? Jeder, der das Wort verwendet, hat eine Vorstellung, was es bedeutet, aber meint jeder das Gleiche, wenn er/sie davon spricht, jemanden zu lieben?

Die alten Griechen kannten acht Wörter für verschiedene Formen der Liebe. Sie unterschieden zwischen:

  • Philia: freundschaftliche Liebe. Philia steht für Liebe auf geistiger Ebene. …
  • Agape: bedingungslose Liebe. Agape ist die höchste, reinste Form der Liebe. …
  • Storge: familiäre Liebe. …
  • Ludus: spielerische Liebe. …
  • Pragma: lebenslange Liebe. …
  • Philautia: Selbstliebe
  • Manie: Zwanghafte Liebe, Besessenheit
  • Eros: Sexuelle Liebe

Ein Großteil der Verwirrung in unserer Kultur besteht darin, dass wir nur ein einziges Wort für sehr verschiedene Arten der Liebe haben.

Wenn es jemand gibt, der uns ein gutes Gefühl verursacht, sagen wir oftmals, dass wir ihn/sie lieben? Aber lieben wir dann die Person oder nur das wie sie uns fühlen lässt? [1]

Das Gefühl der Liebe ist sehr unbeständig, können wir durchgängig verliebt sein? In jedem Moment unseren Partner, Freunde und Familie lieben. Oder gibt es nicht auch Momente, in denen wir eher das Gegenteil empfinden? Die Erwartung jederzeit das Gefühl der grenzenlosen Liebe für seinen Partner und seine Familie zu empfinden ist nicht nur naiv, sondern auch unrealistisch. Dazu ist es noch idealistisch, denn wenn wir denken, wahre Liebe bestehe, aus dem, wie wir uns fühlen, dann kann es nur Liebe sein, wenn wir permanent in dem Geisteszustand des Verliebtseins sind.

Wenn dieses Gefühl dann schwindet, lieben wir den anderen nicht mehr. Dieses Gefühl geht auch mit der Erwartung einher, den perfekten Partner oder die perfekten Eltern zu haben und vielleicht auch selbst ein leuchtendes Vorbild zu sein. Doch wenn das Gefühl der Liebe davon abhängt, wie perfekt und gut jemand ist, dann ist auch das unrealistisch.

Wie könnten wir uns jemals selbst lieben, wir kennen doch zu gut unsere Charakterschwächen, unsere Fehlschläge, unsere Dämonen, die uns manchmal ergreifen und Dinge tun lassen, die wir später bereuen.

Liebe bedeutet das Gute in dem anderen Menschen zu sehen und wenn es auch noch so klein ist, wenn der Mensch noch so bösartig ist, so gibt es doch in jedem Menschen eine Sache und mag es nur ein unscheinbarer Funken sein. Dafür können wir den Menschen lieben. Wenn wir den Funken nicht erkennen können, liegt es vielleicht nicht daran, dass er nicht da wäre, sondern dass unsere Augen getrübt sind von unserer eigenen Korruption.

Wenn wir wirklich Heilige wären, würden wir es wahrscheinlich in jedem Menschen sehen. Aber auch jeder Heilige hat noch Dämonen in sich, genau wie jeder augenscheinlich böse Mensch, ab und zu gute Taten vollbringt.

Liebe muss eine Haltung sein. Etwas, dass wir Tag für Tag üben und praktizieren, bis es zur Gewohnheit wird und irgendwann zu unserer zweiten Natur.

Liebe ist eine Geisteshaltung, wie eine Pflanze wächst sie und wird stärker, wenn wir sie bewässern und pflegen. Andersherum verkommt sie auch, wenn wir achtlos mit ihr umgehen.

Liebe muss nicht bedingungslos sein, denn es gibt Kräften in uns selbst und in jedem Menschen, die zielen nur auf die Zerstörung von anderen. Es sind die Kräfte, die sich freuen, wenn andere scheitern, die sich daran freuen, wenn wir andere mit herunterziehen können, weil ihr Licht uns blendet und ihre Größe uns selbst klein erscheinen lässt.

Nein, Liebe ist nicht bedingungslos für alle Seelenteile da, aber dafür bedingungslos für jeden Menschen, denn jeder Mensch trägt das Gute in sich.

Weil Liebe eine Geisteshaltung ist, die wir trainieren und praktizieren und üben können, kann sie auch über eine Lebensspanne Bestand haben. Wir können unsere Partner und Familie und Freunde lernen anzunehmen und zu lieben und nicht versuchen sie zu verändern oder verbessern zu wollen, sondern sie annehmen, mit ihren Fehlern und Charakterschwächen. Genauso wie wir lernen uns selbst anzunehmen und zu lieben. Denn das ist die Grundbedingung für jede Form der Liebe.

Zurück zu der Anfangsfrage: Ist Liebe ein Gefühl oder eine Geisteshaltung? Ich würde sagen, beides. Das Gefühl lässt sich nicht steuern. Entweder wir empfinden Liebe für jemanden oder nicht. Liebe lässt sich nicht erzwingen. Aber die Geisteshaltung der Liebe ist etwas, an dem wir täglich arbeiten und wachsen können. Ist Mut die Abwesenheit von Angst? Nein. Mut bedeutet Angst zu haben, aber trotzdem zu handeln. Deswegen ist Liebe auch nicht das Fehlen von Hass. Liebe ist eine Entscheidung. Es bedeutet, die inneren Dämonen, den Hass und den Neid nicht die Oberhand gewinnen zu lassen und gegen alle guten Gründe, die es geben mag, sich trotzdem für die Liebe zu entscheiden.

1: Inspiriert von Piddy Wongg. Schau gerne auf dem Kanal vorbei.

https://youtube.com/shorts/0oSQii7QImQ?feature=share

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